Marten Schechs künstlerische Arbeiten sind auf besondere Weise durch architektonische Strukturen sowie Naturmaterialien und Baustoffe geprägt. Ein dezidierter Architekturbezug ist der Ausgangspunkt seines künstlerischen Werks. Der Bildhauer, der zugleich auf einen Hintergrund und fundierte Erfahrungen in der Denkmalpflege zurückgreifen kann, kreiert nicht nur handliche Hausmodelle, hybride Objekte und ortsspezifische Setzungen, sondern baut selbst auch real begehbare Häuser inklusive sämtlicher Arbeitsschritte.
Bauklammern oder Stützgerüste, die ihre statische Hilfe und Notwendigkeit innerhalb eines Ausstellungsraumes als ortsspezifische Intervention nur suggerieren, stehen bei Marten Schech neben komplett real gebauten kleinen Fachwerkhäusern, die neu auf einer Wiese oder an einer Mauer entstehen.
Marten Schechs gebaute Skulpturen und Objekte greifen dabei die Struktur des Fachwerks als eine Form des Gerüstbaus auf. Hierdurch wird die Statik eines Hauses erlebbar und Funktionen von Haltbarkeit, Sicherheit und Schutz einer Behausung reflektiert. Dabei sind seine Skulpturen korrekt bauhistorisch verortbar und zeitlich einzuordnen, was er hier und dort charmant mit kleinen, genau gesetzten Abweichungen kombiniert, wodurch eine besondere Spannung entsteht.
Das Prinzip des Recyclings von Materialien prägt den Umgang Marten Schechs grundlegend. Er verwendet temporär bereits verbautes Holz und Baustoffe immer wieder für neue Arbeiten. Den Begriff des „gewachsenen Hauses“, der in der Denkmalpflege die verschiedenen zeitlichen Ebenen beschreibt, die sich in früheren Jahrhunderten in den Bauten überlagerten und ergänzten, untersucht Marten Schech mit seinen künstlerischen Arbeiten auf vielschichtige Weise.
Insbesondere in seiner Werkserie „Chamaechorie“ verzahnt Marten Schech organisch wachsende Strukturen mit architektonischen Konstruktionen zu hybriden skulpturalen Objekten. Per Hand in amorphen Fachwerkstrukturen gebaut, weisen diese Arbeiten einerseits die Konstruktionsweise eines Fachwerkhauses auf und sind andererseits an organische Strukturen angelehnt, die an Pflanzensamen erinnern. Das titelgebende Prinzip der Chamaechorie als Strategie von Pflanzen, sich durch den Wind zu verbreiten, ist geprägt von Ortsungebundenheit. Derartige Pflanzen, die sich oft als Kugeln rollend fortbewegen, sind insbesondere in der Steppe anzufinden. Die sogenannte „Echte Rose von Jericho“ ist hierzulande als Chamaechorie vielleicht am Bekanntesten.
Die organischen, ortsungebundenen, beweglichen Strukturen der Chamaechorie stellen dabei einen spannungsreichen Gegensatz zu heute gängigen Vorstellungen von Architektur dar und werden von Marten Schech in einer speziellen Hybridform zu skulpturalen Formgebungen kombiniert. Und doch weisen gerade alte Innenstädte eine organisch gewachsene Struktur auf, so wie ältere Häuser oftmals durch An-, Auf- und Umbauten mit der Zeit gewachsen sind und Veränderungen unterliegen.
Die spezielle Formgebung in den künstlerischen Arbeiten Marten Schechs geht zugleich einher mit einer speziellen Farbgestaltung seiner skulpturalen Objekte, Installationen und spatiellen Interventionen. So orientiert sich die farbliche Gestaltung seiner künstlerischen Objekte an historischen Farbfassungen der Fachwerkbauten. Die Betitelung der einzelnen Arbeiten verweist dabei stets auf ein existierendes Haus in dem jeweiligen Ort, das für die spezifische Skulptur Pate stand. Die graphische Farbgestaltung, die wir heutzutage vorrangig bei Fachwerkhäusern gewohnt sind, stellt einen Schwarz-Weiß-Kontrast zwischen dunklen Stützbalken und geweißten Füllungen dar. Doch auch gelbe Stützbalken, rosafarbene und hellblaue Strukturen sind in den Arbeiten Schechs und ihren architektonischen Vorbildern zu finden, die bauhistorisch als barocke Farbfassungen eingeordnet werden. Die Exaktheit der Konzeption von Marten Schechs künstlerischem Werk, das vielfältige Hintergründe berücksichtigt und sowohl in der Formgebung als auch Farbgestaltung genau durchdacht und historisch fundiert ist, um hieraus ganz eigene ästhetische Setzungen zu kreieren, stellt die spezielle Stärke seines bisherigen Œuvres dar.
Oftmals changierend zwischen real gebauter Architektur als begehbarer Skulptur und einer Art Modellcharakter, da die Häuser zugleich – für heutige Gewohnheiten – recht klein sind, spielt Marten Schech stets mit emotionalen Zuschreibungen, die der gebaute Raum sowie künstlerische Objekte in Rezipient*innen auszulösen vermögen. So rufen architektonische Strukturen sofort Fragen nach potentieller Nutzung sowie Wohnraumträume hervor, die individuelle wie auch soziopolitische Aspekte des Lebensstils betreffen.
Mehr
Durch die Nutzung dieser Website akzeptieren Sie automatisch, dass wir Cookies verwenden. Weitere Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.