Eröffnung in Anwesenheit der Künstlerin
Freitag, 4. November ab 19 Uhr
Einatmen, ausatmen, einatmen, ausatmen. Ob als Atem, als Puls oder weiter entfernt vom menschlichen Körper, überall in und um uns existieren Rhythmen. Sie geben uns wie Takte des Lebens Struktur und wir horchen auf, wenn sie unterbrochen werden oder gar stoppen. Çiğdem Aky setzt sich durch ihr Medium, die Malerei, mit rhythmischen Farbanordnungen auseinander. In ihrer ersten Einzelausstellung bei Bernhard Knaus Fine Art präsentiert die Künstlerin Werke einer neuen Serie, denen gegenüber sich unser Blick jenseits einer Trennung von Innen und Außen, jenseits von Ordnung und Chaos, öffnet.
Im Zentrum jeder Malerei von Çiğdem Aky steht ein Rechteck, entweder monochrom oder mehrfarbig, auf schwarzem oder weißem Grund, wodurch diese zunächst an den klaren geometrischen Aufbau von Werken denken lassen, die der Konkreten Kunst zugeordnet werden. Um die haltgebende Struktur fließen leichte, gestische Pinselstriche in verträumten Farben. Aky hat mit diesen beiden Grundelementen für sich die perfekte Form gefunden. Aus der Wiederholung dieser Form hat die Künstlerin mittlerweile eine Bildformel mit hohem Wiedererkennungswert geschaffen. Eine Formel, die sie nicht als einschränkend begreift, sondern die ihr im Gegenteil die nötige Freiheit gibt, um sich insbesondere der Wirkung unterschiedlicher Farbkompositionen zu widmen.
Çiğdem Aky arbeitet mit Acryl- und Ölfarbe, nass in nass. Diese Technik entspricht ihrer intuitiven, spontanen Malweise und ermöglicht darüber hinaus virtuos-weiche Farbübergänge. Farbe ist in Akys Malerei das, was der Ton in der Musik ist. „Ich trage Farbe auf und reagiere darauf“, erklärt die Künstlerin ihren Arbeitsansatz. „Mich interessiert, wie Farben miteinander agieren beziehungsweise aufeinander reagieren. Ich bin fasziniert davon, wie sich der Farbton einer Farbe verändert, wenn ich diese mit einer anderen Farbe kombiniere oder übermale.“ Die finalen Farbzusammenstellungen lassen ganz unterschiedliche Atmosphären entstehen: mal beruhigend melancholisch wie in ‚Abenddämmerung‘, mal fröhlich verspielt wie in ‚Vollgas‘. Die Wirkung von Çiğdem Akys Arbeiten ist eng mit ihren Gefühlen während dem Malprozess verbunden. Dabei spielt Musik wiederum eine wichtige Rolle, denn die Künstlerin hört in ihrem Münchener Atelier gerne Lieder mit starken Narrativen. Ähnlich der Stimmungen, die Musik in ihr auslöst, sieht Aky die abstrakte Malerei als eine Möglichkeit zur emotionalen Verständigung, die unabhängig von sprachlichen Barrieren funktioniert. Kommunikation durch Imagination könnte man diesen Vorgang nennen, der bei ihren Werken von poetischen Titeln wie ‚Rosenwasser‘ oder ‚Mauerblümchen‘ untermalt wird.
Die Malereien von Çiğdem Aky geben Einblicke in die persönliche Gefühlswelt der Künstlerin und laden Betrachterinnen und Betrachter im gleichen Moment dazu ein, ihre eigenen Emotionen zu reflektieren. Akys Form der Kunst beruht auf Empathie – ein Ansatz, der sie neben ihrer technischen Präzision zu einem Ausnahmetalent in der aktuellen Kunstwelt macht. Man sieht die Bilder von Çiğdem Aky nicht nur, man nimmt ihre Töne mit allen Sinnen wahr und bemerkt, dass die eigene Wahrnehmung Teil eines größeren Ganzen ist. Die Melodien verändern sich von Bild zu Bild, aber der Rhythmus bleibt beständig und man kann sich immer wieder selbst in ihm finden.
Çiğdem Aky (*1989 in München) lebt und arbeitet in München. Sie studierte Malerei und Grafik bei Jerry Zeniuk und Myriam Holme an der Akademie der Bildenden Künste in München und in Karlsruhe an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste. 2017 schloss sie ihr Studium als Meisterschülerin bei Helmut Dorner ab. Aky konnte neben Gruppenausstellungen im In- und Ausland bereits Einzelausstellungen in München, Karlsruhe und zuletzt im Kunstmuseum Reutlingen ausrichten. Seit 2013 war sie Preisträgerin zahlreicher Stipendien. Im Jahr 2021 wurde Çiğdem Aky mit dem HAP Grieshaber Stipendium ausgezeichnet.
Ausgestellte Werke
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