Zum 10 jährigen Bestehen der Galerie
Am 20. Oktober 2001 wurde die Galerie in Mannheim mit dem Künstler Peter Schlör eröffnet. In der Zwischenzeit haben wir in 54 Ausstellungen die Werke vieler junger und etablierter Künstler gezeigt, an über 40 internationalen Messen teilgenommen, etwa 20 Bücher herausgegeben oder initiiert und maßgeblich finanziell unterstützt. Im September 2007 sind wir in die neuen Räume in Frankfurt gezogen. Seit Februar 2010 ist Luigi Kurmann Partner der Galerie und als künstlerischer Direktor mitverantwortlich für das Programm.
"review / preview" 10 years
Daniele Buetti, Thomas Locher, Flo Maak, Ralf Peters, Bernhard Prinz, Peter Schlör, Albrecht Schnider, Esther Stocker, Petra Wunderlich, Jerry Zeniuk
In dieser Jubiläumsausstellung stellen wir Werke von fünf Künstlern, die von Anfang an dabei waren, fünf neuen Positionen gegenüber. Diese 55. Ausstellung soll eine Brücke schlagen zwischen dem bisherigen Galerieprogramm und dem, was uns in den kommenden Jahren beschäftigen wird:
Die Leuchtkästen des Schweizers Daniele Buetti (*1955) zeigen Werbe-Schönheiten, deren Perfektion sich durchaus auch als digital idealisiert und somit reiner Schein entpuppen könnte. Sie sind perfekte Projektionsflächen. Irritation erzeugt die bildliche (Zer-)Störung durch eingestochene Texte. Es sind jedoch tatsächlich Leerstellen, die uns das Licht aus dem Raum hinter den Bildern wie aus dem Off entgegenstrahlen lassen. Die von Thomas Locher (*1956) gezeigte geometrische Komposition mit nummerierten Farbflächen hat als Ausgangspunkt die Frage: wie kann eine Arbeit über "Sprache" gemacht werden, kann man ein Bild herstellen, das eine "sprachliche" Problemstellung ausdrückt ohne "Sprache" zu verwenden? Und: wie kann man ein Bild machen, das als Bild so "funktioniert", daß es nicht Malerei wird? Würde weder Nummer noch Buchstabe verwendet werden, wäre es eine geometrische Komposition. Durch die Markierung mit Zahlen oder Buchstaben stellt der Künstler die Frage nach der Bedeutung. In dem ausgestellten Werk geht es nicht um Ordnung oder Hierarchie, sondern um die Zuordnung: Wie verhält sich das Zeichen zu dem, was es bezeichnet? Was wird wem (oder was) zugeordnet und warum? Die Absicht des Künstlers war es, diese Beziehung zu formalisieren, eine ästhetische Lösung für einen Relationsbegriff zu finden. Fotografien vorgefundener Szenerien dienen Flo Maak (*1980) als Ausgangspunkt für seine künstlerischen Projekte. Es sind kontingente Situationen durch die dokumentarische wie inszenierte Bilder miteinander verbunden werden. In der Ausstellung wird eine Fotografie gezeigt, die wie alle Fotoarbeiten des Künstlers sich unter anderem mit Transitorten als Kreuzungspunkte zeitgenössischer Arbeits- und Bildwelten auseinandersetzt.
Ralf Peters (*1960) beschäftigt sich in seinem fotografischen Schaffen hauptsächlich mit Alltagsräumen, die er jedoch nicht dokumentarisch wiedergibt, sondern kalkuliert nachbearbeitet und ästhetisiert. Die ausgestellte Fotografie aus der neuen Serie NIGHT/COLOURS zeigt einen Baum, den er mit Scheinwerferlicht aus der nächtlichen Dunkelheit holt. Das angestrahlte Sujet verdichtet sich zu einem farbigen Leuchtkörper, der durch die starken Kontraste in seiner skulptural monumentalen Qualität erlebbar wird. Bernhard Prinz (*1953) inszeniert Bildinsse junger, schöner Menschen, die - herausgelöst aus jeglichem sozialen Zusammenhang und jeglicher Emotion - auf das kulturelle Gesamte verweisen und stilistisch in das erhabene erhöht werden. In den ausgestellten Werken aus der Serie „Ikonen“ zeigt er Frauen von heute, deren Ruhe und Schönheit als ein Gleichnis zur Mariendarstellung gelesen werden kann. Die schönen Frauen wirken fast alle blass und zerbrechlich. Über die Geschichte der Frauen erfahren wir nichts, stehen sie doch für eine Bildidee, nicht für sich selbst. Damit erweitert er die Ikonografie der Darstellung von Marienbildnissen, indem er in populärer Form die religiöse und romantische Verehrung zur Frau von heute entwirft. Jede Frau kann sich in Maria verwandeln. Insofern scheint es eine Liebeserklärung an die Frau, die das Leben schenkt, ein Ideal, dem ein Ort im Alltag gegeben wird. Peter Schlör schafft mit seinen Schwarzweiss-Fotografien Realitäten, die so nicht fotografierbar sind und sich auch klar als hergestelltes Bild zeigen. Es sind Bilder, die eine persönliche Erfahrung wiedergeben, kompiliert aus der Bewegung im Raum, wie wir sie sonst nur in der Erinnerung, als Erfahrung aus der eigenen Bewegung oder Veränderung abzurufen vermögen.
Die Bilder von Albrecht Schnider (*1958), muten wie zufällige Ausschnitte auseinandergefalteter Flächen und Linien an, die sich über den Bildrand hinaus ausweiten könnten. Die präzis gemalten Binnenränder und der Einsatz der Metallfarben Gold, Silber und Bronze vermitteln den Eindruck, als ob man vor industriell gefertigten Mustern stehen würde. Alles Persönliche, Handschriftliche und Verweisende ist aus den Bildern verbannt.
Die Gemälde von Esther Stocker (*1974) sind rasterhaft aufgebaute geometrische Muster, in schwarz und weiß oder Grautönen gehalten. Minimale Eingriffe, die sich wie Bildstörungen eines sich zu langsam aufbauenden Bildschirmes ins Blickfeld schieben, verunsichern die Klarheit der benutzten geometrischen Formen. Esther Stocker gelingt es so mit einfachsten Mitteln, Ordnungs-, Raum- und Malereivorstellungen aufzubrechen.
Petra Wunderlich (*1954) untersucht in der Serie „Mapping“ Kirchen im Kontext von Wohnsiedlungen in New York. Bei oberflächlicher Betrachtung kaum von den umliegenden Geschäften und Häusern zu unterscheiden, behaupten sich die Kirchen hier als solche durch ihre Beschriftung. Die nur durch ihre Beschriftung in ihrem Nutzen definierten Gebäude erscheinen entfunktionalisiert und werfen die Frage auf, was hinter der Fassade passiert?
Jerry Zeniuk (*1945) wurde bekannt im Zusammenhang mit einer Malerei, die sich von allen illustrativen, erzählerischen oder psychologisierenden Auflagen befreit hat und die sich primär auf ihre Mittel: die Farben konzentriert. Die Farbe trägt keine inhaltliche Botschaft, sie wirkt unmittelbar auf die Sinne, will zunächst sinnliches Erlebnis sein, fast so, wie es Paul Klee am 16. April 1902 notiert hat: "Die Farbe hat mich." Und weiter: "Ich und die Farbe sind eins."