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Kyungwoo Chun

Kyungwoo Chun ist bekannt für seine speziellen fotografischen Projekte, in denen er Einzelpersonen mit langen Belichtungszeiten portraitiert, sodass eine charakteristische Unschärfe entsteht. Die Zeitlichkeit der Aufnahme knüpft an die Anfänge der analogen Fotografie an, in der sehr lange Belichtungszeiten – wie bei den titelgebenden „One-Hour Portrait“ – notwendig waren, bevor lichtempfindlichere Prozesse und eine ausgefeiltere Technik entwickelt wurden. Zugleich wird durch die lange Belichtung der Aufnahmeprozess an sich für die Portraitierten erlebbar. Jede kleinste Bewegung, jedes Zucken innerhalb des Gesichtes und jedweder Wimpernschlag führen zu Unschärfen der Aufnahme. Das Vergehen der Zeit wird in dem Versuch, der Kamera möglichst bewegungslos entgegenzutreten, umso erfahrbarer.

Durch oft sehr lange Zeiten der Aufnahme versucht der Künstler sich auf besondere Weise den Portraitierten anzunähern und zeigt gerade in der Ästhetik der verwischten Spuren durch die Bewegungen der Fotografierten ihre Entrücktheit oder auch Unnahbarkeit auf. Parameter des Portraitierens an sich werden ausgelotet und dabei eine ganz eigene Bildsprache der Fotografie entwickelt, die auch in der Rezeption eine zeitliche Distanzierung einzieht, da sie an die Anfänge der Fotografie anknüpft. Dieses scheinbare Manko wendet Kyungwoo Chun nun als konzeptionelle Stärke, die sich der Logik des schnellsten, gestochen scharfen fotografischen Bildes bewusst widersetzt, um Zeitlichkeit sichtbar und spürbar werden zu lassen.

Kyungwoo Chun setzt lange Belichtungszeiten, unterschiedliche fotografische Aufnahmetechniken und Entwicklungsverfahren ein, um die besondere Präsenz und Wirkung seiner Fotografien zu steigern und zu genauer Betrachtung einzuladen. Nicht zufällig heißt eine seiner Werkserien „Light Calligraphy“ und beschreibt seine Fotografien auf poetische Weise als ein Kalligraphieren mit Licht, was wiederum die alte Bezeichnung des fotografischen Prozesses als ein „Malen mit Licht“ assozieren lässt. Zeitlichkeit sowie individuelle und kollektive Erinnerungen unterliegen den Arbeiten von Kyungwoo Chun thematisch und prägen seine künstlerische Praxis.

Prozesse der gemeinsamen, performativen Aktion oder der langzeitlichen fotografischen Ablichtung sensibilisieren für eine gesteigerte Zeitwahrnehmung. Aspekte der individuellen Verortung in Zeit und Raum, sowie Parameter des Mediums Fotografie werden von Kyungwoo Chun in einen diskursiven Dialog gesetzt. So prägt Kyungwoo Chuns einzelne Werkserien sein besonderer Umgang mit dem subjektiven Empfinden der Zeitwahrnehmung. Indem er immer wieder temporäre Portraitgruppen zusammenstellt, bestimmen soziale Beziehungen, familiäre Bindungen oder auch Fremdheit das Verhalten vor der Kamera mit, das er in seinen speziellen Langzeitbelichtungen als Spur von Körpern in Raum und Zeit einfängt.

Dabei ist Chuns künstlerische Arbeit durch eine besondere Prozesshaftigkeit gekennzeichnet. Die Kreation seiner fotografischen Portraits birgt performative Anteile in sich, die sich nicht zuletzt in der ungewohnt langen Belichtungszeit Bahn brechen. Dabei gibt Kyungwoo Chun ein konzeptionell genau überlegtes Setting vor, das individuelle Lebenszeit-Erfahrung abstrahiert, und überlässt die so angestoßenen Prozesse in der Ausgestaltung jeweils den Portraitierten. Die bestimmte Unbestimmtheit, die sich auch ästhetisch in den Unschärfebereichen innerhalb der Fotografien ausdrückt, birgt die besondere Spannung seines künstlerischen Ansatzes.

Darüber hinaus konzipiert er zunehmend Performances und partizipative künstlerische Arbeiten auch im öffentlichen Raum, wobei alle Werkstränge engstens miteinander verwoben sind. Nicht zufällig verfolgen beispielsweise seine Performances ebenso wie die fotografischen Ansätze die Idee, Unsichtbares erfahrbar und soziale Verbindungen sichtbar werden zu lassen.

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